Was sich schon über die vergangenen Monate abzeichnete, findet nun auch seinen Niederschlag in der Jahresbilanz: Die Baugenehmigungen in Hessen sind 2024 gegenüber dem Vorjahr um 27,5 Prozent eingebrochen. Der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW südwest) fordert zügige Änderungen in der Hessischen Bauordnung, um der Krise auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen.
Dr. Axel Tausendpfund, Vorstand des VdW südwest, sagt: „Die aktuellen Zahlen verstetigen die negative Entwicklung, die wir seit 2022 an den Wohnungsmärkten beobachten. Schon jetzt gibt es viel zu wenig bezahlbare Wohnungen und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Denn was nicht genehmigt wird, kann auch nicht gebaut werden.“
Die Zahlen seien alarmierend – umso mehr, wenn man sich vor Augen halte, dass der Rückgang gegenüber 2022 sogar 45 Prozent betrage. In absoluten Zahlen bedeute dies einen Absturz von 25.059 auf 13.772 Baugenehmigungen. Auch im deutschlandweiten Vergleich schneidet Hessen schlecht ab: Im Bundesdurchschnitt sind die Baugenehmigungen im Jahresvergleich 2024 zu 2023 „nur“ um 16,8 Prozent gefallen.
Keine Zeit bei Umsetzung des „Baupaket I“ verlieren
Tausendpfund pocht darauf, zügig Änderungen in der Hessischen Bauordnung vorzunehmen, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln: „Wir müssen dringend die Weichen dafür stellen, dass schnell mehr bezahlbare Wohnungen entstehen. Die Grundlage dafür liefert das Baupaket I, das der VdW südwest auf Initiative des Hessischen Wirtschaftsministeriums gemeinsam mit weiteren Experten aus der Wohnungs- und Baubranche erarbeitet hat.“ Die Vorschläge des Expertengremiums lägen auf dem Tisch. Der Gesetzesentwurf für die Novelle der Bauordnung stehe aber noch aus. „Die Politik darf angesichts der prekären Situation auf den Wohnungsmärkten keine Zeit mehr verlieren“, so Tausendpfund.
Im Baupaket geht es insbesondere darum, die kostentreibenden und nicht sicherheitsrelevanten Vorschriften in der Bauordnung zu reduzieren. Wohnbauvorhaben im unbeplanten Innenbereich und Änderungen bestehender Dachgeschosse zu Wohnzwecken sollten grundsätzlich genehmigungsfrei sein. Einer Genehmigung bedürfe es nur, wenn der Bauherr es ausdrücklich verlange oder es von der Bauaufsichtsbehörde ausnahmsweise gefordert werde, etwa bei bauplanungsrechtlich komplizierten oder denkmalschutzrelevanten Sachverhalten.
Tausendpfund erläutert: „Wir brauchen auch generell geringere Anforderungen an Brand- und Schallschutz beim Dachgeschossausbau und bei Aufstockungen von Wohngebäuden. Hier liegt enormes Potenzial. Allein im Rhein-Main-Gebiet könnten rund 200.000 zusätzliche Wohnungen entstehen.“ Auch die Pflicht zur Schaffung von Kfz-Stellplätzen, wenn neue Wohnungen gebaut werden, müsse vor dem Hintergrund der damit verbundenen hohen Baukosten entfallen. Wohnen sei wichtiger als Parken.
Auch künftige Bundesregierung in der Pflicht
In der Woche der Bundestagswahl lenkt Tausendpfund den Blick auch nach Berlin: „Wohnen ist DIE soziale Frage unserer Zeit. Deswegen ist es umso erschreckender, dass das Thema im Wahlkampf vergleichsweise stiefmütterlich behandelt wird und auch in den Wahlprogrammen eine untergeordnete Rolle spielt.“ Er fordert einen Kurswechsel der künftigen Regierung. Sie müsse das Bauen von Wohnungen gegenüber anderen Belangen in den Vordergrund stellen. Eine schnell wirkende Hilfe sei zum Beispiel ein Zinsprogramm für den bezahlbaren Wohnungsbau. Ein Zinssatz von 1 Prozent würde die Bautätigkeit enorm ankurbeln. In Kombination mit seriellem und modularem Bauen könnte für deutlich mehr Menschen ein Zuhause entstehen, das sie sich leisten können.
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Jan Voosen
Abteilungsleiter Kommunikation, Pressesprecher